BionX, GoSwiss Drive, Alber und Panasonic – Heckmotoren im Vergleich

Im Bereich der Hinterradantriebe hat sich in den Jahren 2011-2014 eine Menge bewegt – die Motoren von BionX bekamen von vielen Seiten Konkurrenz. 2015 muss man aber feststellen, dass sich keiner der Konkurrenten im großen Stil am Markt etabliert hat (am ehesten der GoWiss Drive), die Mittelmotoren dominieren den Markt sehr stark. Dennoch lohnt der Vergleich – die hier vorgestellten Motoren sind bis auf den Panasonic alle Direktläufer, der Panasonic ist aufgrund seines Getriebes deutlich kompakter, der Panasonic spielt aber kaum mehr eine Rolle.

Ein paar allgemeine Infos zu Hinterradmotoren: Sie sind in der Regel kräftig und sehr leise, besonders wenn es „Direktläufer“ sind (Direktläufer bedeutet, dass der Motor kein Getriebe hat. Eine Motorumdrehung erzeugt also genau eine Umdrehung des Hinterrads). Durch das fehlende Getriebe arbeiten die Motoren in einem relativ geringen Drehzahlbereich, besonders wenn es steil bergauf geht und die Geschwindigkeit gering wird, erhöht sich bei manchen der Stromverbrauch und die Motoren können heiß werden. In diesem Fall wird die Leistung reduziert, was bei langen Anstiegen ein Problem sein kann.

Den erhöhten Stromverbrauch kann ein Heckantrieb allerdings häufig durch Rekuperation wett machen – alle hier vorgestellten Antriebe bieten dieses technische Feature. Mittelmotoren können (bisher) nicht rekuperieren (mehr dazu hier), ein weiterer Vorteil gegenüber Mittelmotoren ist, dass ein Heckantrieb die Kette nicht zusätzlich belastet und sie dadurch weniger verschleißt.

Heckantriebe finden häufig bei „sportlichen“ E-Rädern, bspw. Mountain Bikes Verwendung. Die Lenkung bleibt agiler als bei einem Frontantrieb und der Rahmen kann kompakter gebaut werden, als bei vielen Mittelmotoren. Heckantriebe lassen sich de facto nur mit Kettenschaltungen kombinieren und erlauben keinen Rücktritt – auch das sind zwei Gründe für deren eher sportiven Einsatz.

BionX

Der BionX war lange Alleinunterhalter bei den hochwertigen Heckantrieben. Vor einigen Jahren, etwa 2011 gab es technische Probleme (teils mit Kurzschlüssen im Motor, teils mit Überhitzung bei steilen Anstiegen und geringer Geschwindigkeit, eine sehr präzise Darstellung der Entwicklung in diesem sehr guten und ausführlichen 2015er Artikel von Hannes Neupert oder in diesem etwas älteren Spiegel-Online Artikel), die mittlerweile allerdings gelöst zu sein scheinen, wie mir der Hersteller aber auch andere Experten mitgeteilt haben (Stand 5/2015). Die Konkurrenz hatte es daher etwas leichter, im Markt Fuß zu fassen – dennoch BionX wird weiter bei vielen namhaften Herstellern eingesetzt – etwa bei Diamant, Grace, im DB Call a Bike Pedelec in Stuttgart oder beim Smart-E-Bike. Es gibt den BionX in verschiedenen Ausführungen. Dazu auch als Nachrüstsatz. Im Video sieht man den BionX halb offen, die gewickelten Spulen lassen sich ebenso erkennen, wie das oben erklärte Prinzip des getriebelosen Motors – eine Umdrehung des Motors bedeutet eine Radumdrehung.

Dieses Video zeigt einen BionX-Motor teil offen rotierend.

 

Fazit: BionX-Antriebe waren lange führend, der Variantenreichtum und die tollen Fahreingeschaften sind ein großer Vorteil. Bilder von 2014er Motorenvarianten auf der Eurobike 2013 hier.

GO Swiss Drive (Ortlinghaus)

Greenmover ist wieder der Haupteinsatzbereich dieses sehr kräftigen Antriebs, Testfahrten auf den robusten und pfeilschnellen Bulls S-Pedelecs werden mir unvergesslich bleiben. Der GO Swiss Drive wird auch bei diversen anderen kleineren Herstellern eingesetzt, bspw. flitz-bike oder bei Cube. Auch Cargobikes (etwa das i-sy von Hartje) oder Liegeräder von Hase-Bikes. Der GO Swiss Drive sieht bulliger aus, als die anderen Motoren in diesem Vergleich, er ist lautlos und sehr kräftig. An der Untersützungsgrenze ist mir bei einigen Rädern allerdings ein leichtes Bremsen aufgefallen, das ich von anderen Heckantrieben nicht gewohnt bin, das kann aber auch an der relativ abrupten Abriegelung an der Unterstützungsgrenze liegen.

Fazit: GO Swiss Drive hat sich trotz großer Konkurrenz am Markt einen Platz erarbeitet und hält die Stellung. Der Motor ist klasse und er wird daher sicher weiter von vielen Marken eingesetzt.

Alber

Der Antrieb Neodrive von Alber ist auf der Eurobike 2012 vorgestellt worden. Er wurde zunächst unter den Namen Xion (Derby Cycles) und Greenmover (ZEG Marken) vertrieben, die ZEG hat mittlerweile jedoch unter Greenmover wieder auf den GO SwissDrive umgestellt. Hersteller A2B wird den Antrieb ab 2014 anbieten (siehe Bilder von der ISPO Bike 2013).

Rehaspezialist Alber baute eine direkte Konkurrenz zum bisherigen Lieferanten des GreenMover Antriebs der ZEG Marke Bulls, dem Ortlinghaus (auch GO SwissDrive), wie gesagt wurde der Tausch inzwischen wieder rückgängig gemacht. Doch zum fahren mit dem Alber-Motor: Bei einer längeren Testfahrt auf einem 29er und einem 26 Zoll MTB (beide exzellent ausgestattet) wirkte der Antrieb kräftig und fein abgestimmt. Die ersten Räder mit dem Alber-Heckantrieb kamen im April 2013 in den Handel. Mittlerweile ist es etwas ruhiger geworden, offenbar gab es immer wieder Probleme mit Feuchtigkeit im Display und auch andere technische Schwierigkeiten. Auch ist der Einbau bei MTBs wegen des Überhitzungsproblems scheinbar nicht der ideale Use-Case, besser passen die Alber-Antrieb an Tourenräder.

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Fazit: Mit Alber ist ein großer Hersteller auf den Markt gekommen. Der Antrieb fährt sich zwar sehr gut, hat den Beweis der Zuverlässigkeit aber noch nicht geliefert. Für die Saison 2016 soll noch mal angegriffen werden (Stand 9/2015).

Panasonic Heckmotor

Der einzige Gestriebemotor in der Liste wird bisher von Flyer (Vollblut) und KTM eRace und eCross verbaut – jeweils an sportlichen Ausführungen. Flyer liefert damit erstmals Pedelecs ohne Mittelmotor, das Vollblut ist deutlich kompakter (kürzerer Radstand) als die bisherigen Mountain-Bikes der Flyer X-Serie. Mit 400% Unterstützung ist der Antrieb für einen Getriebemotor sehr kräftig. Er fährt sich angenehm und ist erstaunlich leise. Im Gegensatz zur Konkurrenz ist der Motor wegen des Getriebes deutlich kleiner. 2015 muss man allerdings feststellen, trotz der großen Erfahrung von Panasonic und der Kooperation mit Shimano (alle Schaltkomponeten und die Lösung den Kraftsensor in der Kurbelachse unterzubringen sind von Shimano mit konzipiert), hat sich der Motor nicht durchgesetzt.

Klein und kompakt ist er eine sehr ästhetische Erscheinung. Auf der Eurobike 2013 wurde auch die etwas größere S-Variante des Panasonic vorgestellt, Bilder hier.

Fazit: Der Panasonic-Antrieb setzt einen neuen Standard – ein fast lautloser, präzise gefertigter Getriebemotor.

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Tour de Sahara – Solarstrom für E-Räder

Schwachstellen sind ja auch immer ein bisschen Herausforderungen und so haben E-Räder/Pedelecs aus meiner Sicht derer zwei zentrale vor der Nase: Stromproduktion und Akku.

Akkus

Geht es um die Akkus kommt einiges auf die Hersteller zu, denn die Verkaufszahlen der letzten Zahlen ziehen einen mächtigen Rattenschwanz an Recycling-Problemem hinter sich der erst in einigen Jahren so richtig zum Tragen kommt – hunderttausende unvollständig entladene Akkus, das wird wohl kompliziert. Aber es soll heute nicht Thema sein.

Stromproduktion

Reden wir vom Strom. Eine gute Option ist zusätzlich produzierter Ökostrom vom eigenen Stromanbieter zu beziehen. Noch direkter ist es, wenn man seinen Strom gleich selbst produziert. Zum Beispiel mit einer kleinen Solar-Anlage. Das so etwas sogar mobil möglich ist, haben zwei Pioniere der E-Rad-Szene in Deutschland in einem ziemlich interessanten Projekt gezeigt:

Die „Tour de Sahara“

Sebastian mit seinem Snaky Bike und Solaranhänger auf der Challenge Bibendum, Foto: e-Rad Hafen

Ausgestattet mit zwei schnellen e-Mountain Bikes (Prototpen des Snaky Bikes), mit einem kräftigen 250W/40Nm Hinterradnebenmotor von GOSwissDrive sind die beiden diesen Februar über 1000km durch Marrokos Wüste gefahren. Immer in Begleitung eines Solar-Anhängers, der zusätzliche Akkus während der Fahrt auflud.

Ein Härtetest für die neuen Räder und für die Solaranhänger. Beide hielten gut stand, wie man im super dokumentierten Blog zu Tour lesen kann.

Beim Tag der offenen Tür bei ExtraEnergy habe ich Sebastian und Susi getroffen und ein Interview über ihre Tour geführt:

Klingt nach einer ziemlich spannenden e-Radtour! Vielleicht fährt der Hafen ja auch mal bei sowas mit 😉

Und was heißt das für die Praxis?

Auch wenn die Anhänger schwer waren und der Solarstrom nicht 100% der genutzten Energie geliefert hat, zeigt die Tour de Sahara was schon geht und wo es noch besser werden kann (und wird!). Wenn E-Räder in Zukunft z.B. durch bessere Motorsteuerung noch effizienter werden, Solarzellen höhere Wirkungsgrade erreichen, Akkus und Ladetechnik weiter verbessert werden, dann werden solare „Range Extender“ (also solare Reichweiten-Erhöher) für e-Räder auch im Alltag attraktiv. Mit flexiblen Ladegeräten wie dem mVelo und faltbaren oder flexiblen Solarzellen auf Radtaschen oder Rucksack könnte man die Reichweite eines e-Rads ohne Weiteres um einige Prozent erhöhen, bei längeren Pausen auch mehr.