Über Berührungsängste und die Mobilität der Zukunft – riese und müller im Interview zur IAA

Wie bereits letzte Woche berichtet sind auf der diesjährigen IAA eine Menge e-Räder zu sehen. Neben den Studien und Prototypen verschiedener Autohersteller, sind auch reine (e-)Fahrradhersteller unter den Ausstellern in der Halle der Elektro-Mobilität. Zudem hat die ZEG (Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft) auf dem Freiluftgelände der Messe einen Truck aufgebaut.

Die erste Woche der IAA ist fast vorüber – über Ziele und bisherige Erfahrungen hat der e-Rad Hafen hat sich mit Tobias Spindler von riese und müller unterhalten.

e-Rad Hafen: Frankfurt ist nicht weit von Euch (riese und müller kommt aus Darmstadt), trotzdem: Wie kamt Ihr auf die Idee, auf die IAA zu gehen, woher der Kontakt zur IAA?

 

„Die Mobilität der Zukunft setzt sich aus vielen verschiedenen Bausteinen zusammen – Berührungsängste schaden da eher.“


Tobias Spindler: Wir sind als Teilnehmer am Projekt bike and business 2.0 durch die Modellregion Elektromobilität Frankfurt Rhein Main mit dem Thema der Elektromobilität allgemein sehr gut betraut und in der Region gut vernetzt. Wir sitzen auch in verschiedenen Arbeitskreisen und wirken aktiv an dem Thema mit. In den Arbeitskreisen tauchen natürlich auch immer wieder viele Autos, Busse und andere größere Fahrzeuge auf, die elektrisch betrieben werden. Insofern ist uns das alles gar nicht fremd. Die Mobilität der Zukunft setzt sich aus vielen verschiedenen Bausteinen zusammen – Berührungsängste schaden da eher. Gerade in den Arbeitskreisen gibt es regen Austausch und die meisten sind darauf fokussiert, voranzukommen und das E-Thema voranzubringen, unabhängig davon, welche Art Fahruntersatz man jetzt baut oder entwickelt.

e-Rad Hafen: Gab es bisher und im Vorfeld Reaktionen der anderen Hersteller auf Euren Messe-Auftritt?

Tobias Spindler: Nein, da ist uns nichts bekannt.

e-Rad Hafen: VDA Chef Wissmann stellt die Halle vor mit den Worten: „sie zeigt zum ersten Mal die ganze Wertschöpfungskette beim Elektroauto“. Auch im Weiteren Bericht zur Halle kein Wort über e-Räder. In den Medien bisher ein ähnliches Bild. Kaum einer schreibt über Euren Messeauftritt. Überrascht Euch das? Wie ist der Eindruck am Stand?

Tobias Spindler: Die beiden Pressetage waren sehr gut, hier hatte ich mehr Neukontakte als an irgendeiner anderen Messe. Das ist aber auch nicht verwunderlich, denn die IAA ist eine der weltweit bedeutendsten Messen – das steht völlig außer Frage. Die Dimensionen dort sind einzigartig. Über unseren Messeauftritt wurde berichtet. Das Darmstädter Echo hat einen sehr langen Absatz in einem großen IAA-Trendbericht gebracht, das Handelsblatt war vor Ort und Hitradio FFH hat auch ein Interview mit mir gebracht. Ansonsten gab es noch jede Menge neue Kontakte. Prima Resonanz!

e-Rad Hafen: Wie sind die Reaktionen anderer Aussteller, werdet Ihr belächelt oder mit Interesse, Sympathie, oder gar Argwohn begrüßt?


„Überhaupt scheint die Autobranche weniger Berührungsängste zu haben, als umgekehrt.“


Tobias Spindler: In der Halle 4 sind sowieso alle sehr offen. Überhaupt scheint die Autobranche weniger Berührungsängste zu haben, als umgekehrt. Wir fühlen uns willkommen und man sollte nicht zu viel Wert auf dieses Branche-versus-Branche-Ding legen. Die Autobauer scheinen da viel entspannter zu sein, da sie das mehr als ein Technologiethema sehen und nicht so sehr als Ideologie-Thema.

e-Rad Hafen: Was sagen  „normale“ Besucher, für welche Räder interessieren sie sich (welche fahren sie Probe)?

Tobias Spindler: Alle Modelle sind gefragt. Das ist abhängig für welche Einsatzzwecke es der Kunde nutzen will. Probefahrten bieten wir leider nicht an. Vor der Halle steht ein ZEG-Truck, der trotz seiner Größe neben dem Audi-Pavillion völlig untergeht. Auf der IAA wirkt das wie Kirmesprogramm. Da ist alles so riesig, dass man sich genau überlegen sollte, wie man sich da präsentiert. Wir sind mit einem kleinen aber feinen und aufgeräumten Stand sehr zufrieden.

e-Rad Hafen: Mit welchen Argumenten überzeugt Ihr Messebesucher von Euren Produkten?

Tobias Spindler: Kosten, Stau, Stress, Gesundheit, Lebensfreude, Parkplätze, Zufriedenheit, Fakten aus der sozialwissenschaftlich-technischen Begleitforschung von bike and business 2.0.

e-Rad Hafen: Wie waren die ersten Publikumstage, kommen andere Leute als auf den Radmessen? Wonach fragen die Leute?

Tobias Spindler: Das Wochenende war super! Klar, es kommen andere Leute… und sie stellen ähnliche Fragen wie sonst auch….

 

e-Rad Hafen: Na dann, vielen Dank für die Einblicke und viel Spaß noch auf der Messe!


Tobias Spindler
Unternehmenskommunikation
riese und müller GmbH

Neu 2011! e-Räder (Pedelecs) auf der IAA!

2012 rechnet die Branche mit 300.000 verkauften Rädern mit E-Motoren! Woher kommen die vielen Nutzerinnen und Nutzer? Das heraus zu finden, treibt Kritiker und Freundinnen des e-Rads gleichermaßen um. Die einen meinen zu wissen: E-Räder sind Teufelszeug und bringen den chronischen faulen Menschen dazu gar noch fauler zu werden. Die anderen mutmaßen: Das e-Rad ersetzt an verschiedenen Stellen Autos und wird gemeinsam mit dem klassischen Rad die Städte aus dem fortwährenden Verkehrskollaps retten.

Die Sozialwissenschaften fahren die Rechner hoch, entwerfen Interview-Studien und  machen empirische Erhebungen in Beispielregionen mit Beispiel-Pedelec Nutzer_innen. In ein paar Jahren werden wir mehr wissen und das ist auch gut und wichtig. Aber….

Geschichte wird gemacht!

Wer möchte, dass Autos verschwinden und e-Räder stattdessen auftauchen, der muss raus aus dem warmen Nest und sollte sich nicht über den brancheninternen e-Rad Hype betrunken freuen. Der muss weg von Fahrradmessen, Fahrradpresse, Fahrradverbänden und letztlich eben auch Fahrrad-Fachpublikum! Dahin wo es weh tut! Und was wäre da geeigneter, als sich Mitten ins Herz des Autokults einzumieten? In die heiligen Hallen der mächtigen IAA im hessischen Frankfurt?

Pioniere: Flyer und Riese & Müller

Gesagt getan, dieses Jahr finden sich zwei mutige Pioniere auf der IAA. Die Hersteller Riese & Müller und Flyer packen die Messestände ein und bauen sie auf in der:

„Halle der Elektromobilität“

In der Halle also, die laut VDA Chef Wissmann „erstmals die gesamte Wertschöpfungskette beim Elektroauto“ zeigt. Die Elektroräder werden neben dem Smart-Prototypen zwischen Autokonzernen und ihren Elektroautos, den dazugehörigen Zulieferern und F&E Platz nehmen. Atomstrom-Riesen wie e.On oder evonik werden ebenso nicht fehlen. Man darf gespannt sein, ob die radelnden Exoten mit Mitleid, Wohlwollen oder Bewunderung; Spott, Missachtung oder Respekt empfangen werden. Herr Wissmann scheint es, wie oben zu erkennen, vorerst noch mit nicht-erwähnen zu probieren, was sich dann auch auf die meisten Pressemitteilungen zur Halle der Elektromobilität übertragen dürfte. Nun denn hier im Hafen steht die Sache geschrieben, tragt es in die Welt!

So wird die Halle der E-Mobilität hoffenttlich nicht aussehen.... Foto: Ruth Rudolph / pixelio.de

Bald raus aus dem (Wind)schatten rein in die Zukunft?

Auch wenn die IAA für Radhersteller sicher kein „Ponyhof“ ist, Riese & Müller und Flyer haben trotz der Lage am Rand des Wahrnehmungs-Korridors der Autobranche die Argumente auf ihrer Seite. Sie fahren im Windschatten der realen Entwicklung von Klimawandel, mangelnder Verkehrssicherheit, Lärm und Flächenverbrauch des Autoverkehrs, Peak Oil und knappen anderen Ressourcen. Weite Teile der Rest-IAA Aussteller wecken da eher die Metapher des Geisterfahrers auf der Fahrt in die Zukunft…

Der e-Rad Hafen findet, beiden Herstellern gebührt eine Menge Respekt und Applaus für diese Aktion: Derby, KTM und all Ihr anderen (e)-Rad-Riesen, macht Euch warm und kommt dazu; bei der AMI 2012 oder bei der IAA 2013. Wer weiß wie lange es dieses Veranstaltungen noch gibt.

Weiteres

Mehr zur IAA: Hier im Hafen

Eine Übersicht über Messen, Tests und Produktinfos: Hier

Warum eine Internetseite zu Elektrorädern bzw. „Pedelecs“?

Ja warum eigentlich diese Seite und warum mache gerade ich sie? Dazu muss man etwas zurück schauen, eine…

Retrospektive zur Idee und Entstehung des e-Rad Hafens

Ende 2008 begann das Projekt „Starke Verbraucher für ein gutes Klima“ unter dem Motto „für mich. für dich. fürs klima.“, die umfangreiche Internetseite ist immer noch online, hier…

Beteiligt waren der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv), der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), sowie eine Reihe anderer Organisationen und sämtliche Verbraucherzentralen der Länder.

Ziel des Projekts war es, neue Wege der Ansprache von Verbrauchern zu finden und den Einfluss des individuellen Verhaltens aufs Klima dabei „proaktiv“ in den Mittelpunkt zu stellen.
2010 fand im Rahmen des Projekts eine Radshow unter dem Motto „Dein Rad zählt“ statt. Mein Job war, die Radshow für den VCD mit der Agentur Velokonzept und der Firma MUTZ thematisch und organisatorisch zu entwickeln und an zahlreichen Stationen mit zu arbeiten.

Die Radshow war einer der großen Erfolge des Projekts- sie fand auf zahlreichen großen Festen wie dem NRW Tag, dem Umweltfest in

Der Autor in einem Beratungsgespräch, Pressefoto von www.verbraucherfuersklima.de

Berlin oder den Auto freien Tagen in Hamburg und Hannover statt. An insgesamt 40 Aktionstagen von April bis September 2010 wurden über 60.000 Menschen mit dem Thema Fahrrad und Elektrorad erreicht, im Schnitt wurden ca. 70 Probefahrten mit den standhaften E-Rädern der Show gemacht. Die Beraterinnen und Berater unter denen ich war, hatten mit hunderten Beratugsgesprächen alle Hände voll zu tun und vor allem eine Menge zu erzählen… Begeisterung und das Interesse an E-Rädern war beeindruckend. Immer wieder kamen Menschen strahelnd von einer Probefahrt zurück, besonders die, die davor gesagt hatten:

„ich kann noch selbst strampeln“, „so was brauch ich nicht, das nutze ich in 20 Jahren“ oder „ich weiß nicht, bin schon lange nicht mehr Rad gefahren“.

Dazu stellten die Leute immer wieder ganz grundsätzliche, einfache Fragen zu Preis, Technik, rechtlichen Aspekten und so weiter.

Auch der aktuelle Umweltminister Norbert Röttgen fand den Weg an unseren Stand vor dem Bundestag:

 

Minister Röttgen und vzbv Chef Billen vor einem Flyer "i-sy" und einem Jetstream von Riese und Müller, Pressefoto von www.verbraucherfuersklima.de
Umweltminster Röttgen lässt sich beraten, Pressefoto von www.verbraucherfuersklima.de

Und dann war die Show vorbei

Am Ende der Radshow war zwar das Gefühl: „Mir reichts, ich kann nicht mehr. Immer die selben Fragen am selben Stand“.

ABER eines war mir ziemlich klar:

The Show must go on!

Das Interesse an E-Rädern und damit auch der Beratungsbedarf  ist enorm! Das hat die Radshow allen Beteiligten gezeigt. Da das Projekt jedoch Ende 2010 beendet wurde war eben auch klar- die Form musste eine Andere werden… zahlreiche meiner Kollegen aus dem Prokjekt schreiben derzeit an spannenden neuen Projektideen und Konzepten…

Und Ich?

Ich habe nach insgesamt vier Jahren beim VCD festgestellt: So lange mich die Welt des Normaljobs und ich noch getrennte Wege gehen, möchte ich mich weiter mit dem Thema Elektroräder befassen und zwar im Sinne der Radshow, also um den Leuten zu zeigen: E-Räder sind eine spaßige und ungemein praktische Alternative zum Auto.

Aber universeller und niedrigschwelliger als die Radshow, nicht an Aufsehen erregenden Ständen und ohne so viel reden zu müssen 😉

Genau dafür ist die Lücke da! Eine Internetseite, die unabhängig von Herstellern und Branche informiert,  die Spass mach, einfache Fragen beantwortet und zu komplexeren Themen berät… die Bilder und Videos zeigt und dabei die Vorteile und Nutzerfreundlichkeit von E-Rädern darstellt… so was gab es (bis letzte Woche) noch nicht. Es mir fehlte nur noch der Name:

www.eradhafen.de

Et voilà, dachte ich: Der „e-Rad Hafen“ muss her, www.eradhafen.de wurde geboren (dazu mehr hier). Warum ich diesen Namen wollte, hat wohl viel mit eigenen Assoziationen mit Häfen zu tun- ein Tor in die Welt, offen mit Dingen von überall her und immer mit Blick aufs Meer.

Bisher läuft es gut, die Leute finden und lesen meine Seite immer mehr, das Bloggen und Schreiben ist eine unterhaltsame Angelegenheit und und wo immer ich vom e-Rad Hafen erzähle, sind die Reaktionen positiv!

Im Hafenbecken ist also was los.