Nachklapp Stiftung Warentest 2013 – Mehr Extrem als Alltag

Wenn man die Titelzeilen der großen Leitmedien liest bekommt man den Eindruck, jede_r auf einem E-Rad befindet sich in Lebensgefahr und ist tendenziell suizidgefährdet. Liest man den Test genauer und recherchiert links und rechts, merkt man: So gefährlich ist es nicht. Da wäre bspw. die Tatsache, dass der vor zwei Monaten veröffentlichte Test in der Zeitschrift Ökotest keine Rahmen- oder Lenkerbrüche lieferte – teilweise wurden die gleichen Modelle getestet. Auch Ökotest machte einen Dauertest auf dem Rollen-Prüfstand (des Instituts velotech) und simulierte dabei ein Fahrradleben im Zeitraffer. Der Dauertest der Stiftung Warentest war ganz offenbar anders und härter – es handelt sich übrigens um einen so genannten „Betriebslastennachfahrversuch“ bei dem zuerst auf einer „echten“ Testfahrt mit Dehnstreifen auf verschiedene Bauteilen die auftretenden Kräfte gemessen werden und diese Kräfte dann am Prüfstand nachempfunden werden. Dann wird eine Strecke von 20.000 Kilometern simuliert. Viel hängt beim „Betriebslastennachfahrversuch“ also davon ab, wie stark die Testfahrenden die Räder belasten.

Ökotest oder Stiftung Warentest, wer ist nun näher an der Realität?

Einen Möglichkeit das heraus zu finden wäre, die Tests zu vergleichen und zu prüfen wer die realistischeren Lasten zu Grunde legt. Das wäre spannend wird aber kaum passieren, die StiWa legt nicht alles offen (das ist der zentrale Kritikpunkt des VSF an der StiWa, siehe Pressemitteilung). Die zweite Methode ist der Abgleich mit der Realität: Wie oft bricht der Rahmen des E-Rad Klassikers der C-Serie von Flyer? Wie häufig kamen in den letzten Jahren Lenkerbrüche vor? Laut Aussage von Flyer und verschiedener Händler gab es in den letzten zehn Jahren keinen Rahmenbruch bei einem Modell der C-Serie. Lenkerbrüche sind mir bei meinen Recherchen der letzten Tagen ebenfalls keine zu Ohren gekommen – Auch wenn Alu-Lenker offiziell alle paar Jahre gewechselt werden sollten, scheinen Brüche nicht aufzutreten. Natürlich kann man einwenden: Die meisten E-Räder werden nicht 20.000 Kilometer gefahren und vielleicht werden auch nicht alle Brüche an Bauteilen bekannt. Trotzdem: Brüche an Bauteilen sind bei E-Rädern im Alltag ganz offenbar nicht die Regel, sondern absolute Ausnahmen. Und um den Alltag geht es doch vor allem, wenn man sich ein Testheft kauft. In diesem Sinne scheint Ökotest näher an der Realität zu testen und die Stiftung Warentest suggeriert ein falsches Bild.

Wären Brüche so häufig wie bei der StiWa, müssten täglich schwere Unfälle mit in die Jahre gekommenen E-Rädern passieren. Das ist nicht der Fall – Der Test repräsentiert eher das Extrem als den Normalfall. Das ist natürlich auch wichtig. Das Problem ist aber, dass er nicht als Extremtest sondern eben als Test unter Alltagsbedingungen verkauft und medial wahrgenommen wird. Mit dem Resultat, dass alle Welt von tödlichen Gefahren redet, die in der Realität nicht auftreten (eine ganz ähnliche Einschätzung liefert übrigens das EfBe Prüfinstitut)

Statt von tödlichen Gefahren zu reden, wäre es passender, der Industrie nahe zu legen, an der ein oder anderen Stelle noch etwas mehr auf Sicherheit zu gehen. Denn ohne Frage: Auch unter extremen aber möglichen Belastungen sollten Lenker und Rahmen nicht brechen.

Was dabei untergeht

Im großen Medienrummel um „tödliche Risiken“, in dem sich die StiWa und der ADAC sicher nicht unwohl fühlen, geht die Chance auf eine sachliche Debatte verloren. Dabei gäbe es angefangen vom unzureichenden zulässigen Gesamtgewicht vieler Räder, den Motorausfällen durch Funkstrahlung, dem multiplen Versagen der drei Discounterräder oder den teilweise furchtbar langen Akkuladezeiten viele Punkte, bei denen man die Hersteller zu Verbesserungen drängen kann und Verbraucher_innen eine große Hilfe sein könnte.
Den ADAC wird die negative Presse für E-Räder wohl nicht ärgern.

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Stiftung Warentest – Pedelec Test 2013

Der zweite StiWa Pedelec Test wurde heute morgen auf einer Pressekonferenz vorgestellt – mit deutlich mehr negativen Befunden als 2011. Das ist erstaunlich denn der Test fand unter den gleichen Bedigungen wie vor zwei Jahren statt (mehr zu den Testbedingungen beim VCD, zum ersten Stiwa Test der Bericht des E-Rad Hafens, hier). Neben dem Fahrtest (Die Teststrecke sind 8,5 Kilometer, es fuhren sieben Tester_innen 2 Frauen, 5 Männer) ist vor allem die Prüfung der Dauerfestigkeit von Rahmen und anderen tragenden Bauteilen entscheidend für das Testergebnis, simuliert werden 20.000 Kilometer Betrieb. Getestet wurden 16 Komforträder mit tiefem Durchstieg. Vier Räder hatten einen Frontmotor, der Rest Mittelmotoren.

Aufgrund der vielen „mangelhaft“ Bewertungen mit Brüchen (3x Lenker, 1xRahmen und 3x Gabelanriss) folgender Hinweis: Die Lenker wurden auf meine Nachfrage ordentlich mit Drehmomentschlüssel  angebracht, die Befestigung wurde im Dauertest außerdem regelmäßig nachgezogen. Alle Brüche, also auch der Rahmenbruch beim Flyer, wurden nach dem ersten Bruch an einem zweiten E-Bike getestet – mit gleichem Ergebnis. Von 16 Rädern setzte es ganze 9 Mal „mangelhaft“, hier zu den Begründungen en Detail:

Neun Mal „mangelhaft“

Alle drei „billig Räder“ – Leviatec (Akku funktionierte nicht, laut Hersteller waren alle Akkus der Serie nicht funktionstüchtig, dazu diverse Brüche an Bauteilen),  Fischer (Gabelanriss, schlechte Bremsen und geringste Reichweite im Test – trotz zweier Akkus) und NORMA Top Velo (Gabelanriss, schlechte Bremsleistung, schlechte Reichweite und verzögerter Antrieb) fielen durch. Ebenso fiel das Rad des Herstellers des letzten Testsiegers Kreidler durch (Lenkerbruch nach 9000 Kilometern) genau wie KTM Macina Eight (Lenkerbruch sonst gute Bewertung), Sinus B3 8-G (Lenkerbruch, sonst gute Bewertung), Flyer C5R Deluxe (Rahmenbruch am Ausfallende), Victoria Assen (schlechte Bremsen, wenig Reichweite) und Raleigh Impulse iR HS (sendete so extreme elektromagnetische „Störwellen“ aus, dass die Funkdienste von Polizei, Feuerwehr und Rettung massiv gestört werden können).

Sieben mal zwischen „ausreichend“ und „gut“

„ausreichend“ bekamen Kalkhoff Impulse Premium i8R und Pegasus Premio E8, die den elektromagnetischen Grenzwert ebenfalls geringfügig überschritten.

Lediglich zwei Modelle (E-Courier SX von Stevens und Obra RT von Kettler) erhielten ein „gut“, drei weitere „befriedigend“ (Giant Twist Elegance C1 28‘‘, Winora C2 AGT mit Frontantrieb und das Hercules Tourer 8 Pro mit sehr langer Ladezeit).

Weiteres

Die Spanne der erzielten Reichweite lag über alle getesteten Modelle hinweg zwischen 25 und 75 Kilometern. Die Modelle von Kalkhoff und Raleigh erreichten eine Reichweite von 75 Kilometer, fielen allerdings wie gesagt durch ihre elektromagnetische Wirkung negativ auf. Nur 25 Kilometer schaffte das Fischer E-Rad – trotz der zwei Akkus.

Forderungen der StiWa

StiWa fordert 50 Kilometer Reichweite als Minimum und eine zuverlässige Restreichweiten Anzeige (soll heißen nicht spannungsbasiert). Ladezeiten für Akkus streuten von 2,5h Giant Twist Elegance C1 28‘‘ (bzw. alle Rädern mit Bosch-Antrieb) bis 12h (Hercules Tourer 8 Pro, das ein „befriedigend“ bekam), hier fordert die StiWa eine maximale Ladedauer von 3,5h (mehr zu Akkuladezeiten in dieser e-Rad Hafen FAQ).

Was heißt das für den Markt?

Auf alle Fälle sorgt dieser Test für extrem schlechtes Presseecho – und auch wenn einiges arg extrem dargestellt wird, haben sich die Hersteller das allem Anschein nach selbst zu zu schreiben, die betreffenden Stellungnahmen werden weiteres ergeben. Natürlich werden die meisten „Komfort“-Radler_innen nicht so starke Belastungen auf den Lenker bringen wie der Prüfstand im StiWa Test, schon allein wegen der aufrechten Sitzposition. Und klar sollte man Lenker im Idealfall alle zwei Jahre austauschen. Trotzdem sollten Lenker nicht brechen.

Mit dem Raleigh Impulse (Derby Cycle) und dem C-Flyer (Biketec) sind außerdem Räder der beiden größten Marken im guten mittleren Preissegment betroffen, das wird Verbraucher_innen zusätzilch verunsichern. Man kann nur hoffen, dass die Hersteller sich den Test zu Herzen nehmen und bei Rädern die gut 2000 Euro kosten lieber mal ein paar Euro mehr in lebenswichtige Bauteile stecken. Zudem bemängelte die StiWa zurecht, dass viele Räder mit 120kg zulässigem Gesamtgewicht kaum Zuladung vertragen und betreffende Angaben in den Bedienugsanleitungen häufig nicht sauber erklärt sind, das gilt auch für das Fahrzeuggewicht. Dazu kam noch das schlechte Abschneiden der mechanischen Bremsen und die ungenauen Reichweitenanzeigen.

Leider kam es bei diesen ganzen Problemen kaum zur Sprache, dass ein großer Teil der E-Räder sich sehr angenehm fährt. Aber wie schon das gesagt: Daran haben die Hersteller erst ein mal selbst Schuld.

Stellungnahmen der Hersteller

Bilder

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Licht und Schatten beim Elektrofahrradtest der Stiftung Warentest 2011

Aktuell: Hier der Bericht zum Test im Mai 2013

Mit viel Spannung wurde der Test der „StiWa“ erwartet. Kaum eine Institution genießt hierzulande so großes Vertrauen in puncto Unabhängigkeit und kritischer Grundhaltung wie die Stiftung Warentest. Und gerade weil E-Räder derzeit so boomen, mutmaßt man dass viele Hersteller auch mal etwas auf den Markt bringen, was nicht 100% ausgereift ist. E-Räder/Pedelecs sind derzeit etwas wie der Heilsbringer für die Kassen der Radbranche.

Was wurde getestet?

Nun, vor einer guten Woche war es dann so weit, der streng geheim gehaltene Test wurde veröffentlicht: 12 E-Räder/Pedelecs der Klasse bis 25km/h waren dabei, getestet wurden:

  • Fahreingenschaften (40%),
  • Antriebssystem/Motor(20%),
  • Handhabung (20%), sowie
  • Sicherheit/Haltbarkeit (20%)

Drei Räder erhielten insgesamt die Note „gut“, „befriedigend“ bekamen vier Räder, drei waren „ausreichend“ und zwei wurden mit „mangelhaft“ bewertet (Pegasus E-Tour und Ruhrwerk-E-Bike). Das ist ein ausgesprochen mittelmäßiges Ergebnis.

Große Medienresonanz, Pegasus lernt es scheinbar nicht!

In den Medien wurde der Test lebhaft diskutiert, mit einem eher negativen Grundton: „Kaum Qualität“ schrieb die Berliner „bz“, ein „erschreckendes Ergenbins“ sah der Focus, die FR titelte „E-Bikes mit reichlich Mängeln“. Besonders wichtig für das negative Echo waren die Knackpunkte Rahmenstabilität und Bremsleistung. Beim E-Tour der Marke Pegasus (Vorderradantrieb) brach der Rahmen nach knapp 10.000km in der Nähe der Gabel. Diese Stelle ist bei einem Vorderradmotor besonders belastet, da der Antrieb vorne praktisch „an der Gabel zieht“. Bei Pegasus E-Rädern gab schon im letzten Jahr eine große Rückrufaktion wegen zwei Rahmenbrüchen. Die ZEG (Zweirad-Einkaufsgenossenschaft) ließ 11.000 zurückrufen. Solche Fahrlässigkeiten sind eine Katastrophe! Man kann nur hoffen, dass Pegasus nun genügend Druck bekommt und  entweder aus dem Markt aussteigen oder Rahmen verwenden, die den Anforderungen an ein Fahrrad mit Motor gerecht werden. Es scheint, nämlich dass der Hersteller mit dem beflügelten Namen seine herkömmlichen Fahrradrahmen ungeprüft als E-Radrahmen genommen hat. Ähnliches könnte bei zwei weiteren Rädern der Fall gewesen sein, beim Kalkhoff Pro Connect und beim Prophete Alu Rex Riss der Rahmen am Tretlager. Allerdings erst nach 20.000km, was etwa 4-8 Jahren intensiver Nutzung entspricht.

Mehr Schatten

Negativ fiel außerdem die Bremsleistung der mechanischen Bremsen auf – keine erhielt ein „+“ bei der Bremsleistung, dagegen erreichten alle hydraulischen Bremsen mindestens ein „+“ (3x hydraulische Felgenbremse, 1x hydraulische Scheibennremse). Bei E-Rädern mit Felgenbremse gilt: Wenn mechanisch, dann muss es eine hochwertige sein!

E-Rad ist eben nicht Fahrrad!

Die „Knackpunkte Rahmen und Bremsen“ (SZ) sollte sich die Branche unbedingt vornehmen, im Boom kann man sich solche Ausfälle kurzfristig leisten, auf Dauer sind es nicht vertretbare Mängel am Markt! Beide „Problemzonen“ rühren wohl daher, dass das E-Rad seitens der Hersteller noch nicht ausreichend als neue Fahrzeuggruppe erkannt wird, sondern man mit dem gewohnten „Fahrrad-Alltag“ weiter zu machen versucht.

Praxis relevant: Ladezeiten und Montage

Einen wichtigen Praxisaspekt sehe ich in den Akkuladezeiten. Der Bosch-Akku ist nach 2:15 Minuten voll, der Panasonic benötigt bis zu 9(!) Stunden (BionX lag mit 4h etwa in der Mitte). Für eine Tour ist das natürlich ein erheblicher Unterschied. Eine Stunde gemütlich Kaffee trinken bedeutet bei Bosch knapp 50% einer Akku-Füllung beim Panasonic nicht einmal 20%!

Ein weiterer Punkt der bei den Fahrradtests der Stiftung Warentest immer wieder deutlich wird: Räder werden oft nicht korrekt montiert ausgeliefert. Beleuchtungen wackeln, Bremsen haben Spiel, Lenkerklemmungen rutschen etc. pp.  Dieses Problem liegt m.E. eher bei den Fahrrad-Händlern als bei den Herstellern, denn diese sind für die Montage der Räder zuständig, ein guter Fahrradladen ist da einiges wert!

Dennoch: Schwungvoller Fahrspass!

Durchweg „gut“ oder „befriedigend“ waren die Fahreingenschaften der 12 Räder. Ob mit Gepäck oder ohne- Wendigkeit, Anfahren, Motorunterstützung und Komfort wurden auffallend positiv beurteilt. Das ist es auch was den E-Rad Boom am stärksten bedingt! Es macht einfach Spaß,  eins zu fahren.

Fazit

Alles in allem ist der Test nicht so schlecht, wie ihn die Medien gemacht haben. Zwei Ausreißer waren allerdings dabei, das sollte sich bessern. Außerdem kann es nicht schaden, den großen Fahrspass mit ebensolchem Spaß am zuverlässigem Bremsen abzurunden… In diesem Sinne bietet der Test auch die Chance dazu zu lernen und es in Zukunft besser zu machen. Meines Erachtens wird das Test-Ergebnis die E-Rad Euphorie erst mal nicht bremsen.

 

Versicherungen für schnelle E-Räder (S-Pedelecs)

Heute mal ein reiner Service-Eintrag:

Für Elektroräder, bei denen die Unterstützung erst bei max. 45km/ aufhört braucht der oder die Fahrerin eine Versicherung (einfaches Versicherungskennzeichen wie bei einem Mofa), mehr dazu hier.

Eine solche Versicherung gilt immer ab 1. März eines Jahres, sie wird billiger, je weniger noch vom Jahr übrig ist. Viele Versicherungen bieten noch keine E-Rad Policen an, trotzdem gibt es eine ganze Menge Angebote.

Vergleichen lohnt sich!

Die Stiftung Warentest hat sich des Marktes angenommen und  verschiedene Angebote verglichen. Es zeigt sich: Vergleichen lohnt sich! Reine Haftpflichtversicherungen (Deckungssumme bis 100 Mio.) kosten im Test zwischen 34 und 54€, Kasko-Versicherungen mit 150€ Eigenbeteiligungen kosten zwischen 62 und 97€ im Jahr.

Hier geht es zum Testbericht.