Akkus, Rohstoffe und soziale Gerechtigkeit

Heute nun der zweite Teil der „Akku Berichte“. Neben der Frage des Recyclings, die ich letztes mal beleuchtet habe, sind die zentralen Fragen: Woher  kommt das Lithium, unter welchen Bedingungen wird es abgebaut und wer profitiert von der Produktion der Akkus? Das möchte ich im Folgenden etwas näher beleuchten.

Lithium-Vorkommen

Lithium ist derzeit nicht knapp, es kommt vor allem in Verbindung mit Salzablagerungen vor, bspw. in Argentinien, Chile, China, USA oder Bolivien, wo anscheinend die größten Lagerstätten sind: Geschätzt 5,5 Millionen Tonnen liegen in 3600m Höhe unter dem 9000 Quadratkilometer großen Uyuni-Salzsee (Lithiumsalze befinden sich sehr häufig in Salzseen).

Lithium in Parafinöl, Foto: Tomihahndorf

Abbau

Der Abbau von Lithium aus den trockenen Salzseen wird entweder mit Hacken oder Baggern gemacht – das ist zwar mühsam geht aber verglichen mit anderen Rohstoffen relativ problemlos und ohne katastrophale Folgen für die Umwelt. Die Verarbeitung ist allerdings nicht einfach, denn Lithium reagiert heftig mit Sauerstoff, es kann leicht entflammen. Beim Abbau anderer Rohstoffe wie beispielsweise Kupfer wird häufig extrem viel Grundwasser mit Giften wie Arsen belastet, oft findet der Abbau auch unter katastrophalen Bedingungen in Gebieten indigener Bevölkerung statt. So scheint es beim Lithium nicht zu sein.

Eine interessante Bildstrecke zum Lithiumabbau findet sich hier.

Lithium auf dem Gebiet indigener Bevölkerung

Zumindest das bolivianische Lithium in Gebieten indigener Bevölkerung. Diese beginnen sich zu organisieren. Es  bleibt ab zu warten, ob die bolivianische Regierung es schafft, die Bevölkerung so an den Früchten des Abbaus zu beteiligen, dass diese selbigem zustimmt. Gegen den Willen der Indios wird der Abbau kaum möglich sein.

Globale Gerechtigkeit

Was die soziale Komponente auf globaler Ebene betrifft, ist meines Erachtens eine sinnvolle Forderung, dass die Länder aus denen der Rohstoff kommt, auch den wesentlichen Teil der Wertschöpfung in ihren Ländern haben. Sonst ist man schnell beim klassischen Kolonialen System: Rohstoffe zu billig Preisen oder umsonst aus dem globalen Süden abtransportieren und die Produktion der Waren in den Industrieländern zu konzentrieren. Dort, wo dann auch das Geld verdient wird. Für die Verarbeitung des Rohstoffes und den Bau von Batteriefabriken werden allerdings erhebliche Investitionen nötig sein.

Über Bolivien berichtet das Greenpeace Magazin 5/2009:

In Río Grande am Rand des Uyuni-Salzsees wird derzeit für sechs Millionen US-Dollar eine kleine Pilotanlage gebaut, um den Abbau von Lithium auszuprobieren. Ein komplizierter Prozess. Das Alkalimetall kommt nicht ungebunden vor, führt bei Hautkontakt zu schweren Verätzungen und oxidiert an der Luft und im Wasser sofort. Dennoch hat die Regierung in La Paz ehrgeizige Pläne: „Wir wollen über die reine Rohstoffproduktion hinauskommen zur industriellen Produktion, sei es in der Pharmaindustrie oder bei Batterien“, sagt Beltrán (Generaldirektor im Ministerium für Bergbau, Anm. Admin)

Wettkampf um Produktion

Eine weitere Pilotanlage zur Produktion von Li-Ion Akkus ist gerade in Ulm eröffnet worden, mit Förderung des Forschungsministeriums: „Leistungsfähige und bezahlbare Batterien sind eine zentrale Voraussetzung für alltagstaugliche Elektrofahrzeuge“, so Ministerin Annette Schavan, Bericht hier (ebenfalls aus dem Greenpeace Magazin).

Der globale Kampf um die Wertschöpfung im Bereich der E-Mobiliät ist also auch hier schon im Gange. Man wird sehen, wie sich die ökonomischen Prozesse um Lithiumabbau und Akkuproduktion weiter entwickeln.

Fazit

Es muss verhindert werden, dass sich quasi neo-koloniale Strukturen bei der Lithium Gewinnung und Verarbeitung aufbauen, denn das würde Elektrofahrrädern einen erheblichen Teil ihrer „politischen Unbedenklichkeit“ nehmen. Nicht nur Regierungen sondern auch Branche und Verbraucher sind dabei in der Verantwortung: Die Herkunft und Produktionsbedingungen von Lithium-Akkus muss transparent sein und angemessenen Standards genügen. Zudem sollten die Förderländer ordentlich vom Abbau profitieren und die Rohstoffe zur Abwechslung auch mal selbst nutzen, bspw. um in Buenos Aires E-Rad statt Mercedes mit Öl aus Venezuela zu fahren.

Zu guter Letzt: Lithium und Knappheit

Der Rohstoff Lithium mag noch nicht knapp sein, aber die aufwendige Verarbeitung und die ökologischen und sozialen Konflikte die sich beim Abbau bereits jetzt andeuten zeigen ganz deutlich:

Mit Lithium muss sparsam umgegangen werden, es ist ganz sicher nicht vernünftig es für tonnenschwere E-Autos zu ver(sch)wenden. E-Autos, die aussehen wie normale Pkw haben sowie so keine sinnvolle Perspektive wie ich hier schon ein mal begründet habe.

p.s: für weitere Infos und Artikel zum Lithium Abbau bin ich sehr dankbar, nutzt einfach die Kommentar-Funktion für Hinweise

 

Sind E-Radler faul und unsportlich und Pedelecs eine Gefahr fürs Fahrrad?

Sind E-Radlerinnen und E-Radler eine faule Abspaltung der normalen Radler?

Beim den Pedelec Tests von ExtraEnergy, über die ich hier die letzten beiden Wochen berichtet habe, fährt man naturgemäß die ganze Zeit mit Elektromotor. Trotzdem ist man nach einem Tag Testfahren ziemlich müde und der Hunger ist ungewöhnlich groß.

Natürlich fällt das Fahren mit dem Motor leichter, besonders bei einem kräftigen Mittel- oder Heckmotor. Man fährt in der Ebene gerne rund 25km/h Schnitt, also stets an der Unterstützungsgrenze der normalen E-Räder oder Pedelecs.

Körperliche Leistung auf E-Rad und normalem Fahrrad

Wenn man sich die Leistungskurve der Testfahrten anschaut, dann versteht man allerdings warum auch E-Radeln anstrengend ist: Wer ein E-Rad fährt, leistet in der Regel nicht viel weniger als auf einem normalen Rad. Meine durchschnittliche Leistung lag bei den meisten Fahrten über 200 Watt, egal ob schnelles Pedelec, Referenzrad oder E-Rad mit Vorderrad-Antrieb. Eine durchschnittliche Testfahrt über beide Runden kostete einen der Testfahrer laut seinem Pulsmesser etwa 600 Kalorien. Was sich veränderte war die durchschnittliche Geschwindigkeit, die lag bei schnellen E-Rädern höher als bei normalen und wiederum höher als beim Rad ohne Motor.

In diesem Sinne: Keine Sorge, wer E-Rad fährt ist nicht unsportlich und auch nicht faul. Höchstens fällt er oder sie auf den ewigen Schwindel rein, schneller unterwegs zu sein, sei immer ein Vorteil 😉

Gleichmäßigere Leistungskurve auf dem E-Rad

Es gibt allerdings einen wichtigen Unterschied zwischen E-Rad und Fahrrad: beim E-Rad wird die Leistungskurve des Fahrenden gleichmäßiger, als beim normalen Fahrrad.

Klar: Bei einem normalen Fahrrad wird’s anstrengend, wenn es bergauf geht oder wenn aus dem Stand heraus beschleunigt werden muss. Besonders Städte mit vielen Bergen sind anstrengendes Terrain. Allemal wenn man täglich viele Wege machen muss, z.B. beruflich. Beim E-Rad werden genau diese Spitzen heraus genommen, beim Anfahren und Berge hinauf sorgt der Motor dafür, dass die eigene Anstrengung nicht so viel größer wird als beim geradeaus Fahren. Der Puls bleibt niedriger, man schwitzt weniger.

Es gibt eine Menge Leute, die genau das toll finden. Sei es weil sie nicht schwitzen wollen wenn sie irgendwo ankommen, oder weil sie nicht außer Atem kommen wollen. Nicht wenige haben auch gesundheitliche Probleme und es ist besser für sie, sich nicht zu stark zu belasten. Manche finden es auch einfach ziemlich gut, in dem was sie tun „wie von Geisterhand“ unterstützt zu werden.

Was kann es bspw. für Leute in der häuslichen Krankenpflege besseres geben, als die Vorteile des Radfahrens gegenüber dem ewig lästigen Kleinwagen zu nutzen und dabei am Ende des Arbeitstages nicht zwei Sätze Klamotten und ein gefühltes Fahrradrennen hinter sich zu haben?

Andersherum gibt es eine Menge Leute die wollen sich den Berg selbst rauf schaffen, an der Ampel aus eigener Kraft richtig los ziehen. Oder einfach gemütlich vor sich hin radeln. Soweit so problemlos.

Warum also soll nicht jede*r tun, was am meisten Laune macht?

Mich verwundert es, dass viele Radler Elektrofahrräder als etwas problematisches ansehen, als würde damit das Fahrrad kaputt gemacht. Als hätten sie Angst, dass zu vielen ein Elektrofahrrad gefallen könnte und dann niemand mehr radeln will. Fast scheint es, als wolle man den Leuten nicht selbst überlassen was sie tun und lassen wollen.

Wir reden von plusminus 10 Prozent Fahrradanteil bezogen auf alle Wege, mehr oder minder konstant seit den siebzigern. Und das trotz Peak Oil und Klimawandel, verstöpften Innenstädten, Feinstaub und Bewegungsmangel als größtem Gesundheitsproblem in der Bevölkerung (und somit auch größtem Kostenpunkt).

Kurz: Es muss mehr geradelt werden! Und genau da sind E-Bikes eine super Option. Sie bringen viele Leute aufs Rad, die vorher Auto gefahren sind. Und sie ermöglichen Wege zu fahren die mit dem Fahrrad nicht oder nur sehr schwer gemacht werden können. Etwa Arbeitswege über 15 Kilometer oder viel wichtiger, Wege, bei denen schwere Lasten oder Kinder tranportiert werden. Der ganze Bereich Lastenräder gewinnt erst durch den E-Antrieb so richtig an Fahrt (mehr dazu hier).

2015 3 Car Jam
E-Rad, Cargobike oder normales Fahrrad – das hier gilt es gemeinsam zu verhindern.

Ich denke, man sollte E-Räder als ein ergänzendes Angebot für Mobilität ohne Autos sehen. Denn das verkehrstechnische Problem das überall in der westlichen Welt sein Unwesen treibt ist nun mal das Auto. Und das Auto mitsamt seiner mächtigen Industrie, der Ölbranche und den politischen Seilschaften drumherum. Das System Auto also, das bekommt man nicht in den Blick, wenn sich 10 Prozent Radler mit 1 Prozent E-Radlern über die „reine Lehre“ streiten. Eins steht dabei natürlich fest, es muss auch endlich bessere Rahmenbedinungen zum Radfahren geben, Abstellanlagen, gute Radwege, die nicht zugeparkt sind und so weiter und so fort, mehr dazu hier.

P.S.

Die European Cycling Federation hat die Klimabilanz von E-Räder und Fahrrädern verglichen, hier der e-Rad Hafen Bericht dazu.

Einen präzisen Leistungstest mit dem Pedelec hat mein Kollege Wolfram Hartmann gemacht – hier.

Mehr im e-Rad Hafen

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Fukushima und Elektroräder

Es gibt im E-Rad Hafen schon eine Menge dazu, dass E-Räder das Klima schützen helfen und für Entlastung des Verkehrs-Molochs in Städten beitragen.

Und wer sichs genau überlegt, der wird uns zustimmen, dass mehr E-Räder bedeuten „Weniger Autos, mehr Spass!“.

Trotzdem, auch E-Räder verbrauchen Strom und Stromproduktion hat in aller Regel ihre Schattenseiten. Die Ereignisse von Fukushima zeigen das eindrücklich. Atomenergie ist eine nicht beherrschbare Risiko-Technologie, jetzt und in Zukunft. Deshalb fordert der E-Rad Hafen mit so wie Millionen andere:

„Den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie und die Stilllegung aller Atomanlagen weltweit.“

Für die Nutzung von E-Rädern bedeutet das vor allem eins: Ladet die Akkus mit 100% regenerativem Strom, zusätzlich produziert. Tabu sollte der Handel auf der Leipziger Strombörse sein, denn hier lässt es sich nicht kontrollieren, woher der Strom kommt.

Das kostet Euch im Betrieb kaum mehr Geld, die Energiekosten sind bei der Nutzung eines E-Rads ohnehin sehr gering, wie Ihr hier sehen könnt.

Weitere Infos zum Thema:

Atom: Zum Widerstand gegen Atomkraft auf den Seiten von Contratom oder zu den Folgen von Strahlung für Mensch und Umwelt beim IPPNW.


Mal nachgerechnet: 5km mit Auto vs. E-Rad (Pedelec)

Über die Hälfte aller Autofahrten ist kürzer als 5 Kilometer (Quelle Mobilität in Deutschland 2002)! Elektrofahrräder haben vor Allem auf diesen Kurzstrecken große Vorteile gegenüber Pkw, sei sind schneller, billiger und besser fürs Klima. Deshalb ist ihr Potential in der Stadt so groß!

Wir haben hier ein Vergleichsrechnung für Kosten und CO2 Emissionen auf einer Strecke von 5 Kilometern angestellt, die Abbildungen zeigen die Ergebnisse.

Übrigens mehr Vergleichsrechungen Auto vs. E-Bike gibt es hier (Kosten-, Zeit. und CO2-Ersparniss).

Quelle: eigene Abbildung

Ein kalter Motor verbraucht mehr, hoch gerechnet bis zu 35 l/100 km. Erst nach 4 bis 5 km normalisiert sich der Verbrauch. Nach Berechnungen des ökologischen Verkehrsclubs VCD (auf Grundlage von VW-Publikationen) werden demnach für fünf Kilometer zwischen 0,5 und 1 Liter Kraftstoff verbraucht und dementsprechend viel CO2 ausgestoßen und Energie verbraucht.
Ein E-Fahrrad benötigt nur einen Bruchteil dieser Energie: Der E-Motor ist effizienter, der Fahrer strampelt mit und es ist viel weniger Masse zu bewegen.

Zu den Zahlen

Gewicht:
1. E-Fahrrad: FahrerIn (80kg) + Elektrofahrrad (30kg) = ges.: 110 kg – Gewichtsverhältnis
Fahrer/Fahrzeug: 1/0,4
2. VW Golf: Fahrer (80kg) + Pkw (1270kg) = ges.: 1350 kg – Gewichtsverhältnis
Fahrer/Fahrzeug:
Fahrer/Fahrzeug: 1/15,9

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Wie viel Energie verbraucht ein E-Bike (Pedelec), was ist die CO2 Bilanz?

Ein Elektrofahrrad (häufig auch Pedelec genannt) braucht grob geschätzt 0,7 Kilowatt­stunden (kWh) Strom auf 100 Kilometer, also 7 Wattstunden (Wh) pro Kilometer (eine kWh entspricht in etwa einer Waschmaschinenladung oder sieben Stunden Fernsehen). Natürlich variiert der Wert stark in Abhängigkeit des jeweiligen Rads, der Fahrsituation, der Leistung der Fahrer*in und dem Gewicht, das transportiert wird. Bei den Tests von ExtraEnergy wurden in der Spitze wenn es bergauf geht auch mal über 20 Wh/km verbraucht. Geht es geradeaus liegt der Wert dagegen eher unter 5 Wh/km, beim Anfahren um die 10 Wh/km.

Laden mit Ökostrom
Laden mit Ökostrom, Foto: Marcus Gloger

Mit dem derzeitigen Strommix in Deutschland liegen die Emissio­nen an Kohlendioxid (CO2) bei ca. 600 Gramm (siehe Angaben des UBA, Seite 2 des pdf – hier), d.h. ein Kilometer mit dem E-Rad erzeugt knapp 6 Gramm CO2.

Aus Umweltsicht sollte allerdings klar sein: Richtig gut ist ein E-Rad nur dann, wenn der Akku mit zertifiziertem, zusätzlich produziertem Ökostrom gefahren wird.

Mehr zu Akkus und Energieverbrauch im e-Rad Hafen

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Nutzen E-Räder (Pedelec) die Bremsenergie zum Laden des Akkus?

Manche Elektroräder können ihren Akku beim Bremsen oder beim bergab Fahren laden. Dafür muss der Motor als Stromgenerator geschaltet werden. Das geht nur bei Nabenmotoren, die in jeder Fahrsituation mit gedreht werden. Es gibt einige Vorderrad- und Hinterradantriebe die rekuperieren (einige ION Antriebe, BionX, Greenmover, XION usw.) Mittelmotoren können bisher nicht Rekuperieren, da der Motor still steht wenn man rollt oder bremst.

Rekuperation lohnt, wenn es ein längeres Stück bergab geht. Im Idealfall werden rund 10% Energie zurückgewonnen. Wer also regelmäßig längere Abschnitte bergab fährt, für den lohnt Rekuperation. Für den Flachland-Normalbetrieb ist der technische und kostenmäßige Aufwand im Vergleich zum Nutzen recht groß. Im städtischen Stop-and-Go kann sich Rekuperation allerdings ebenfalls lohnen, insb. bei Lastenrädern.

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