S-Flyer Tour Deluxe 26“ – der Test

Die letzten gut 700 Radkilometer hatte ich das rasante Vergnügen auf einem schnellen Flyer der S-Serie zu fahren. Ein paar Schlaglichter:

  • fünf Kilometer zum Büro mitten durch die Stadt, Regel konformes Fahren = 12 Minuten
  • Strecke Berlin Potsdam und Berlin Biesenthal einmal knapp 30 einmal gut 40 Kilometer, jeweils mit 30 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit (sieht man auf dem Display im Video)
  • In der Stadt im Schnitt mit gut 25 km/h unterwegs

Natürlich kann man mit einem S-Pedelec auch langsam fahren, das ist ab und an auch unstressiger, denn besonders im dichten Stadtverkehr muss man bei Geschwindigkeiten über 30 schon sehr gut aufpassen – das erste mal in meinem Leben bin ich daher ab und an mit einem Helm gefahren (zum Einstieg einen „Helm light“ – ein Helt-Pro im Jockey Design, der mir zum Testen zur Verfügung gestellt wurde). Besonders auf Alltagswegen über 30 Kilometer Streckenlänge ist das „S“ mit der Unterstützung bis gut 40 Stundenkilometer allerdings eine wirklich sehr sinnvolle Sache: 40 Kilometer in 1,5 Stunden ohne dabei völlig verausgabt zu sein, das ist eine Hausnummer!

Reichweite

Ging es in Richtung 50 Kilomter Strecken musste ich (80 Kilogramnm Gewicht und immer etwas Gepäck) allerdings anfangen, auf die Reichweite des Akkus zu achten. Ab und an nicht im höchsten Modus zu fahren hilft deutlich auch wenn die Stufe „Standard“ beim 350 Watt Panasonic-Motor immer noch sehr viel Power gibt. Dank der neuen Ladeelektronik ist der 36V Panasonic auch nach etwa 2,5 bis 3 Stunden wieder voll (mehr zum 36V System hier). Dafür ist das Ladegearät auch schwerer: 1,3 Kilo – im Vergleich zu 600 Gramm beim 26V System. Der Akku ist mit 3,7 Kilogramm bei 432 Wattstunden Kapazität kein Leichtgewicht (Energiedichte 116Wh/Kilogramm, mehr dazu hier).

Fahrgefühl

Das S-Serie ist ein Brett – es hat einen sehr steifen Rahmen keine Gabefederung und die Sitzposition ist sportlich, das ergibt ein sehr direktes Fahrgefühl und eine gute Krafübertragung beim Pedalieren (auch wenn ich sie nicht vermisst habe, eine Gabelfederung ist auf Wunsch erhältlich). Die 26 Zoll Räder sind für meine Körpergröße (1,90m) etwas klein aber dafür bleibt das Rad wendiger, als bspw. der T5-Flyer den ich bereits getestet habe (optional gibt es das Rad auch mit 28 Zoll Laufrädern). Die Rolleigenschaften sind ziemlich gut, was bei den DT Swiss Tour Komponenten auch zu erwarten war. Ein bisschen Fahrspasses kommt vielleicht auch aus dem Video rüber – dabei auch aufs Display gucken!


Austattung

Die Rohloff-Schaltung erfreut natürlich – sie schaltet absolut präzise und hat ein enormes Übersetzungsspektrum – dennoch bei etwas über 40 km/h kann man in der Ebene kaum mehr beschleunigen. Unter Last funktioniert auch die Rohloff-Nabe nicht gut, es gibt aber einen entscheidenden Vorteil: Das Bedienelement (Drehgriff) lässt sich erst dann bewegen, wenn auch wirklich geschaltet werden kann, ansonsten ist es blockiert. Bei anderen Nabenschaltungen wie bspw. Alfine oder Nexus kann man den Hebel bewegen, das Schalten passiert dann irgendwann später, wenn man es vielleicht schon gar nicht mehr will. Bei dieser S-Variante fand ich auch die Trittfrequenzabhängigkeit des Panasonic-Antriebs nicht so störend, da man ohnehin kaum an die Unterstützungsgrenze heran kommt. Nur bei wirklich rasantem Beschleunigen stört es wir gehabt: Man tritt in einem kleinen Gang an, nach anfänglichem Schub lässt die Unterstützung dann nach, bis man das Treten unterbricht und schaltet.

Praktisches Detail des S-Flyer ist die Schiebehilfe, die besonders bei Treppenaufgängen hilfreich ist, wie ich hier beschrieben habe.

Bremsen und Bremsweg

Besonders gespannt war ich auf die hydraulischen Magura MT 4 Scheibenbremsen, die wie ich erfahren habe eine Neuheit im oberen Presisegment sind… es wird daher kaum wundern wenn ich sage, dass sie – auch bei Nässe – ziemlich kräftig bremsen und sehr präzise zu dosieren sind. Um das Ganze etwas aussagekräftiger zu machen habe ich mal einen kleinen Bremstest gemacht. Auf trockenem, ebenen Untergrund (Gehwegplatten) habe ich bei verschiedenen Geschwindigkeiten (25, 30 und 35km/h) eine Vollbremsung bis zum Stillstand gemacht und den Bremsweg gemessen, den Minimalwert aus jeweils 4-5 Tests habe ich hier notiert:

  • 25 Km/h: 4 Meter (Bremsbeschleunigung 6,0 m/s²)
  • 30 km/h: 5,5 Meter (Bremsbeschleunigung 6,31 m/s²)
  • 35 km/h 6,5 Meter (Bremsbeschleunigung 7,88 m/s²)

Die Werte sind natürlich nur eine Orientierung (und offenbar habe ich bei hoher Geschwindigkeit mehr aus der Bremse rausgeholt), sie könnten aber im Vergleich zu weiteren Rädern interessant werden – schade, dass ich bspw. bei den Rollenbremsen am T5 Flyer nicht gemessen habe.

Beleuchtung, Bereifung, LCD Display, Gepäckträger, Ständer sind in dieser Preisklasse erwartungsgemäß hochwertig. Alle Details der Ausstattung finden sich übrigens auf der Flyer Homepage (hier).

Bilder

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Fazit

Der S-Flyer in der Tour Deluxe Ausführung ist ein rasantes Geschoss mit Top-Austattung. Längere Strecken – etwa 30- 50 Kilometer – werden mit diesem S-Pedelec auch im Alltag machbar. Das Fahrgefühl ist ausgezeichnet, die Trittfrequnezabhängigkeit des Panasonic-Antriebs und das Schaltproblem „Mittelmotor-Nabenschaltung“ lässt sich bei diesem E-Rad locker verkraften – vor allem wenn man entspannt mit Tempo 30 im Stadtverkehr mit schwimmt.

Mehr e-Rad Hafen

Sachverständigenrat und e-Mobility – quo vadis?

Heute nehme ich eine kuriose Nachricht zum Anlass, mich mal wieder breiter mit Elektromobilität auseinander zu setzen. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) der Bundesregierung hat seinen Jahresbericht 2012 heraus gegeben und es geht darin unter anderem auch um Mobilität. Die kuriose Nachricht ist nun diese: Schon vor der Veröffentlichung des Berichts ging durch die Presse, der SRU schlage vor, die Autobahnen A1 bis A9 mit Strom-Oberleitungen zu versorgen um dann Lkw elektrisch fahren zu lassen – so berichtete die Stuttgarter Zeitung. 5700 Kilometer für geschätzte 14 Milliarden Euro.

Was die Presse weglässt

Der Artikel aus dem Ländle lässt dabei unerwähnt, dass der SRU in seinem Bericht zuerst die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene verlangt und die „viel versprechende Option“ Trolley-Trucks (E-Trolleys) erst als Ergänzung in Frage kommt – denn der Ausbau der Schiene könnte sich als nur begrenzt möglich und zu teuer herausstellen. Das klingt dann so: „Daher ist es grundsätzlich denkbar, eine Verlagerungsstrategie auf die Schiene durch den gleichzeitigen Aufbau einer Infrastruktur für E-Trolleys zu ergänzen.“ (Bericht S.240)

Ebenfalls unerwähnt bleibt, dass der SRU feststellt, dass der gesamte Strom für Bahn und Trolleys regenerativ erzeugt werden soll. Schade, dass die Stuttgarter Zeitung den Zusammenhang so verkürzt – denn ohne die beiden Zusammenhang klingt es, als fordere der SRU etwas, das der Autoindustrie genau wie den Energieriesen aus Atom-und Kohlelobby allzu gut gefallen könnte. Was allerdings auch dem SRU nicht in den Sinn kommt ist, dass man die neuen Hochleitungen doch gleich mit Solarpanelen ausstatten könnte – dann wären die Autobahnen überdacht und eine gute Menge des nötigen Stroms hätte man gleich vor Ort erzeugt. Für die Bahntrasse von Paris nach Amsterdam wurde sowas schon mal getestet – die Bahn fährt 2 Kilometer in einem Solartunnel (hier mehr dazu). Hochgerechnet könnte sich die belgische Bahn selbst autark verstromen wenn sie komplett unter Solarpanelen fahren würde (das könnte auch für die Deutsche Bahn gehen wie ich hier bald mal vorrechnen werde). Genauso diskutiert der SRU, ob die massive Zunahme der Güterverkehrsleistung, die die Trolleys angeblich nötig machen wird, nicht das eigentliche Problem ist (Stichwort zu geringe Transportkosten)

Interessantes zum Innerstädtischen Güterverkehr und was der SRU sonst so fordert

In Teil 5 geht es dann um Mobilität und Lebensqualität in Ballungsräumen. Der SRU stellt hier einen Menge Probleme fest, die mit der Dominanz des Autos einhergehen. Eine deutliche Verlagerung zum so genannten „Umweltverbund“ also Fahrrad, Fuß und öffentlicher Nahverkehr wird als Ziel definiert: plus 20% am Modal Split bis 2025. Bezogen auf den Radverkehr sind folgende Forderungen enthalten:

  • Den Nationalen Radverkehrsplan in ein integriertes Gesamtkonzept für den Verkehr einbetten
  • Mehr Platz für den Radverkehr
  • Fahrradmitnahme in allen öffentlichen Verkehrsmittel
  • mehr öffentliche Verleihsysteme
  • besseres Hervorheben der Gesundheitsvorteile des Radfahrens in der Öffentlichkeit

Alles in allem wirkt das aufs erste Durchblättern durchaus vernünfitg. Ein treffendes Zitat aus dem Bericht: „Der Fahrrad- und Fußverkehr benötigt eine adäquate Infrastruktur, wie sie beim Pkw als selbstverständlich vorausgesetzt wird.“ (S. 307). Dem möchte ich nicht widersprechen.

Besonders hellhörig bin ich als Fan von Pedelecs und E-Lastenrädern beim Abschnitt zum innerstädtischen Güterverkehr und zum Personenwirtschaftsverkehr (mobile Diensleistungen wie Handwerker, häusl. Krankenpflege, Kundendienst) geworden. Denn im Güterverkehr werden laut SRU schnelle und kleinteilige Lieferungen immer wichtiger – das kommt vor allem durch das Zustellen von Produkten aus dem Internethandel. Kuriere und Zustelldienste können daher immer mehr Fahrten mit E-Lastenrädern statt mit Pkw abwickeln (siehe auch dieses Interview mit dem Berliner Unternehmen Messenger).  Der Personenwirtschaftsverkehr gewinne dagegen im allgemeinen an Bedeutung (Stichwort Dienstleistungsgesellschaft) – hier ist die Nutzung von Fahrrädern und auch Pedelecs an vielen Stellen ein ganz offensichtliche Alternative – die der SRU allerdings, ebenso wie Lastenräder, nicht erwähnt.

Und was sagt der SRU zur E-Mobilität?

Folgendes: „Die Tatsache, dass sich für einen umweltfreundlichen Verkehr das Mobilitätsverhaltenändern muss, wird aber in der Diskussion über Elektromobilität weitgehend ausgeblendet (s. hierzu die Veröffentlichungen der Nationalen Plattform Elektromobilität). Stattdessen wird oftmals der Eindruck erweckt, dass der motorisierte Individualverkehr mit kleineren Einschränkungen fast unverändert bestehen bleiben kann, auch wenn vereinzelt selbst die Automobilhersteller feststellen, dass Mobilität neu gedacht werden muss.“ und weiter: „Dazu sollten Elektrofahrzeuge aufgrund sich ändernder, aber hoher Mobilitätsansprüche als kleine, leichte Stadtfahrzeuge (z. B. Microcars) gebaut werden… Positive Impulse können auch durch die Verbreitung von Pedelecs, E-Bikes und speziellen Citylogistikmobilen gesetzt werden.“ (S. 313) Ich finde die Einschätzungen des SRU richtig – allerdings bleibt das Ganze sehr allgemein. Die Tatsache, dass das Wort Pedelec nur dieses eine Mal im gesamten Bericht vorkommt und das Wort Lastenrad gar nicht, zeigt zudem, dass der SRU Potentiale von Lastenrädern und E-Rädern nicht erkennt und sie daher in den geeigneten Zusammenhängen nicht als etwas innovatives besonders hervorhebt.

Auch an anderer Stelle bleibt der Bericht unkonkret, wenn er z.B. für die genannten Ziele im Radverkehr nicht benennt, wie viele und welche Investitionen nötig sind  – anders als bei den 14 Mrd. für die E-Trolleys. So wird die herrschende (Verkehrs)politik nach meiner Einschätzung eher müde gemahnt als dass sie in die Erklärungsnöte gebracht würde, in die sie mit mehr konkreten Forderungen geraten könnte. Und wenn dann die Medien dann noch so lückenhaft berichten wie die Stuttgarter Nachrichten…

Weitere Infos

 

 

Mehr davon! ADFC Sternfahrt Berlin 3.6.2012

Die Wettervorhersage war grausam. Das Wetter heute dagegen bis zum Schluss der 36. ADFC Sternfahrt alles andere als das. Der Regen fand erst nach der Ankunft der meisten der rund 150.000 (e)-Radler das Brandenburger Tor und das dortige Umweltfestival (einige wurden aber doch nass wie mir netterweise angetragen wurde). Die Sternfahrt selbst war also (weitgehend) trocken und lange Zeit etwas zäh, denn man musste viel warten, langsam fahren und manchmal schieben auf dem Weg vom U Bhf. Wedding zur A100.

Finale auf der A100

Doch dann kam die große „Fahrradsause“ auf der A100, das wofür das Warten sich lohnte, wie man im Video unten sehen kann. Nicht sehen, aber erahnen, kann man im Video den ausgezeichneten Belag, den die A100 hat. Perfekt zum Fahrradfahren – und diese Breite. Man könnte fast schwach werden. Vor allem wenn man so manchen anderen Fahrradweg vor dem geistigen Auge sieht (wie der im 2. Video). Dementsprechend ausgelassen war auch die Freude der tausenden Leute auf dem Rad als sie klingelnd und jolend über die Autobahn gleiten konnten. Warum nicht jede Woche einen autofreien Sonntag??

Autobahnen als Radwege

Ein Radweg aus der Realität

Forderungen der Sternfahrt

Berlin auf der Radspur – Das war das Motto der Sternfahrt. Demonstriert wurde laut ADFC dafür, „mehr Radspuren an Hauptverkehrsstraßen einzurichten und diese für Radfahrerinnen und Radfahrer vorgesehenen Verkehrsflächen für die entsprechende Nutzung freizuhalten“ – statt das alltägliche Zuparken dieser Wege durch Autos zu tolerieren. Wer regelmäßig auf der Warschauer Straße die Brücke über die S-Bahn benutzt, kennt das zweite Problem, wer die Leipziger Straße kennt, kennt das erste. Richtige Appelle an die Berliner Behörden  also, aber in Anbetracht von vielleicht hunderttausend Radlern auf der Autobahn war etwas mehr Vision spürbar – Vielleicht eher nach dem Motto: „Radverkehr an die Festtafel, statt an den Beistelltisch. Für paradiesische Zustände im Radverkehr!“ – das jedenfalls sagt der e-Rad Hafen und schließt mit ein paar Fotos von heute…

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