Hohe Spritpreise, niedrige Löhne und falsche Mobilitätspolitik

Alle Jahre wieder geht um Ostern die große Debatte um die hohen Spritpreise los „Über 1,50€ für Diesel und bis zu 1,70€ für Benzin“, das kann doch nicht sein… In den letzten Tagen sind die Preise schon wieder gefallen. Trotzdem wird Autofahren teurer und das muss es auch.

Ist Kraftstoff zu teuer?

Benzin und Diesel sind Energieträger, man kann ihren Energiegehalt in Kilowatt-Stunden pro Liter (kWh/l) angeben. Ein Liter Benzin enthält 8,6 kWh, ein Liter Diesel sogar 9,9kWh. Der Strompreis für eine Kilowattstunde liegt bei derzeit gut 20 Cent. Würde man den Sprit also am Strompreis orientieren, müsste ein Liter Benzin 1,72€ kosten, ein Liter Diesel wäre ziemlich genau 2 € wert*. In diesem Sinne ist der Kraftstoff – wenn überhaupt – zu billig.

Pendlerpauschale erhöhen?

Steigen die Kosten fürs Benzin, geht auch die Debatte um die Pendlerpauschale los. Und in der Tat: Menschen mit weitem Weg zur Arbeit trifft es besonders hart. Die Pendlerpauschale ist seit 1990 nahezu konstant (1991 0,58 DM heute 0,30 €), die Spritpreise haben sich in der selben Zeit mehr als verdoppelt! Das ist eine ganz klare ökonomische Verschlechterung und sie trifft besonders Menschen mit niedrigem Lohn. Und apropos Löhne: Diese stagnieren in Deutschland seit langem. Im Zeitraum 2000 bis 2010, sind die Nettostundenlöhne real lediglich um 1,4 Prozent gestiegen (Bericht im Fokus). Auch in den zehn Jahren davor stiegen sie kaum (mehr dazu im Bericht des DIW „Reallöhne in Deutschland über mehrere Jahre rückläufig“, hier zum Download).

Ohnehin ist schon jetzt klar, dass der Ölpreis auch in Zukunft aus verschiedenen Gründen weiter steigen wird (Klimawandel, Peak Oil, global steigende Öl-Nachfrage). Gleichzeitig ist es bitter nötig, dass der Verbrauch an Kraftstoff sinkt, denn sonst wird es nichts mit den Klimazielen. Die aktuellen Spritpreise sind ein Anreiz endlich die Mobilitätsstruktur zu verändern – sie mit einer höheren Pendlerpauschale auszugleichen würde bedeuten, weiter „Öl“ ins Feuer zu gießen und eine nicht mehr tragfähige Auto-Mobilität am Leben zu halten. Angemessene Löhne wären das bessere und sozialere Mittel, gestiegene Energie- und Lebenshaltungskosten auszugleichen, weil sie den Menschen die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden wie sie unterwegs sein wollen.

Was sind Alternativen?

Die einfachste Alternative sind Sprit sparende Autos. Warum verbrauchen Autos immer noch so viel? Es ist ein Verschulden von Angebot, Nachfrage und fehlender politischer Regulierung. Die Autohersteller, die sich wenig darum scheren, die technischen Möglichkeiten zum Sprit sparen zu nutzen und stattdessen lieber leistungsfähigere Autos bauen. Die Menschen, die beim Kauf entweder den Anschaffungspreis wichtiger finden, als den Verbrauch und dafür dann über Jahre an der Tankstelle nach zahlen müssen (bestes Beispiel dafür ist lange Zeit der günstige Kombi-Sprtifresser Dacia Logan gewesen). Oder solche, die völlig über motorisierte Wagen kaufen – am besten einen Geländewagen für den Großstadtdschungel. In beiden Fällen kommt wenig Mitleid auf. Und die Regulierung der Politik? Die ist äußerst sanft. Ein scharfer CO2-Grenzwert könnte seit Jahren beschlossene Sache sein.

Die zweite und nachhaltigere Alternative ist es, das Auto stehen zu lassen und stattdessen mit dem Rad, dem E-Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein. Für knapp die Hälfte aller Arbeitswege ist das schon heute problemlos möglich – denn diese Hälfte der Wege zur Arbeit ist kürzer als zehn Kilometer (mehr dazu hier). Das kann man mit dem E-Rad problemlos hinter sich bringen. Für die andere Hälfte muss in Zukunft endlich ernsthaft angefangen werden, Alternativen zum Auto zu schaffen: Besserer öffentlicher Nahverkehr mit sicheren Abstellanlagen für Fahrräder, gute Radwege auch für überregionale Verbindungen, Verleihsysteme, steuerliche Gleichbehandlung von (E)-Rädern oder BahnCard100 mit einem Dienstwagen usw. die guten Ideen sind da. Aber statt sich in dieser Hinsicht endlich für den überfälligen Paradigmenwechsel zu entscheiden, werden weiterhin Straßen neu gebaut und Mittel für den Radverkehr gekürzt –  und zu geringe Löhne bezahlt.

Weitere Infos

e-Rad Hafen: Für eine ganz andere EU Radpolitik

Geschichte der Pendlerpauschale: www.pendlerrechner.de/geschichte.shtml

Entwicklung der Spritpreise seit 1920: www.was-war-wann.de/historische_werte/benzinpreise.html

* Man kann argumentieren, dass elektrischer Strom mit schlechtem Wirkungsgrad aus fossilen Energieträgern produziert wird und daher teurer sein muss. Allerdings haben Öl-Kraftstoffe für die Anwendung in Autos, also für die mobile Anwendung große Vorteile: Sie enthalten extrem viel Energie bei geringem Gewicht, das Speicherproblem (teure Akkus), das man bei der mobilen Anwendung von elektrischem Strom hat, entfällt. Dieser Vorteil darf in Anbetracht der negativen Folgen für Umwelt und Klima seinen Preis haben.

 

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One thoughtful comment

  1. Man fragt sich wirklich, wie lange man auf Dauer noch diese hohen Kosten tragen soll. Jeder versucht an allen Ecken und Kanten zu sparen, aber irgend wann ist das Kontingent ausgeschöpft und einzusparen und die Kosten steigen und steigen weiter an.

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