Fahrradstadt VAN – eine Beobachtung

Heute gibt es mal einen kleinen bebilderten Reisebericht von einem Ort, mit viel tragischer Historie und Bürgerkrieg – aber auch mit vielen Fahrrädern.

Van (2000m Höhe, 400.000 EW)

Vor ein paar Wochen war der e-Rad Hafen in der Türkei unterwegs. Genauer in den überwiegend kurdischen Gebieten im Osten der Türkei, in Van. Van am Vansee, einem alkalischen See, siebenmal so groß wie der Bodensee. Die Region liegt ebenso wie der Bodensee in einem Dreiländereck- zwischen Armenien, Iran und der Türkei. Wie viele Städte der Region war auch Van gegen Ende des 19. Jhdt. eine armenische geprägte Stadt, im Zuge der türkischen Republik-Bildung wurde die armenische Bevölkerung Vans allerdings weitgehend vertrieben oder ermordet. Von 1889 bis 1927 sank die Bevölkerung der Stadt, ähnlich der vieler anderer Städte der Region, drastisch von 35.000 auf 7.000 Bewohner. Die enorm gewalttätige Phase der türkischen Geschichte vom ersten bis zum zweiten Weltkrieg ist bis heute ebenso wenig aufgearbeitet, wie der seit den 80ern andauernde bewaffnete Konflikt zwischen Kurden und türkischem Militär, der gerade dieser Tage wieder eskaliert.

Krieg, Landflucht und Verkehr

Eine Folge des Konflikts ist Landflucht, tausende Dörfer wurden seit den 90ern seitens des Militärs geräumt und die Millionen Menschen strömen in die Metropolen der Region – Diyarbakir bspw. hat seine Bevölkerung seit 1980 auf beinahe eine Million mehr als verdreifacht, Van wuchs in der selben Zeit von 90.000 auf 400.000 Einwohner.

Entsprechend chaotisch ist die Infrastruktur der Städte: Häuser, Straßen, Wasser und Strom bereit zu stellen ist für die Stadtverwaltungen eine massive Herausforderung. Mobilität wird meist zu Fuß oder mit dem Auto und öffentlichen (Mini)-Bussen erledigt, der Verkehr ist laut und oft sind Fahrbahn und Gehwege nicht gut getrennt. Es passieren außerordentlich viele schwere Verkehrsunfälle. Gezielte Fahrradpolitik gibt es nach meinem Eindruck nicht, es gibt zu viele andere Baustellen. In den meisten Städten der Region sind Fahrräder daher eine absolute Ausnahme (bspw. in Diyarbakir, Batman, Dersim, Elazig oder Mardin).  Um so erstaunter war ich, als ich feststellte, dass in Van Fahrräder und vor allem Lastenräder überall präsent sind. Jugendliche und Kinder fahren ebenso Fahrrad, wie Händler und Büroleute…

Woher die vielen Fahrräder?

Absolut dominant unter den Rädern ist die Marke „Bisan Bisiklet“ aus Izmir, vertreten durch einen Typ Lastenrad, ein Mountainbike, verschiedenen Kinderrädern und einem „Herrenrad“, also eines mit Diamantrahmen (allerdings mit doppeltem Oberrohr).

Ich war von der Nutzung so vieler Fahrräder selbstredend sehr begeistert und machte mich sofort ans Fotografieren und Video drehen… von lässigem Cruisen bis begeistertem Jubeln, das Fahrrad ist hier sichtbar mehr als eine Notlösung!  Schaut es Euch an!

Die Fotos

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Zwei Fragen

Was für einen Hut trägt der Hafenmeister (Kameramann) und – etwas schwieriger, auch ich weiß keine Antwort – warum gibt es in Van so viele Räder wenn es in den anderen Städten der Region kaum welche gibt? Wie könnte das zu Stande kommen? Ideen? Harte Fakten? Anyone??

p.s.: Ja ich weiß, das sind alles keine e-Räder. Na und?

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4 comments

  1. Aus akutellem Anlass:
    Sehr geehrte Damen und Herren,
    das Erdbeben in Van hat verheerende Auswirkungen- Die Menschen
    sind auf unsere schnelle Hilfe angewiesen.
    Die Lage ist dramatisch. Nach neuesten Berichten sind mindestens 279 Opfer geborgen. Es muss derzeit mit 1000 Toten gerechnet werden. Es gibt mindestens 1300 Verletzte. Unter den Trümmern der eingestürzten Häuser werden weitere Opfer vermutet.
    Trümmer, Verletzte, Tote und dazu noch die Kälte: Das verheerende Erdbeben vom 23. Oktober 2011 hat Wan, eine der ärmsten Großstädte der Osttürkei besonders hart getroffen.
    Mit 7,2 auf der Richter-Skala ist dieses Beben in der Provinz Van, an der Grenze zum Iran gelegen, das stärkste Erdbeben in der Türkei seit mehr als einem Jahrzehnt, und damit von der Intensität mit dem Beben in Haiti Anfang 2010 zu vergleichen. Augenzeugen berichteten, dass Menschen in der Nacht bei Fackelschein und eisigen Temperaturen verzweifelt versuchten, Verschüttete mit bloßen Händen zu bergen.
    Daher rufen wir zu Spenden für die Opfer des Erdbebens in Van
    auf.
    RICHTEN SIE IHRE SPENDE AN FOLGENDES KONTO:
    *Heyva Sor a Kurdistanê e.V.*
    Schäfer str. 4 / 53859 Niderkassel / Deutschland
    *Stadtsparkasse Neuwied
    Kontonr: 186098
    BLZ: 57450120
    Verwendungszweck: Hilfe für Van
    IBAN: DE 62 57 45 01 20 00 00 18 60 98
    BIC: MALADE 51 NWD

  2. hallo,
    die Antwort von der ersten Frage ist auf dem Video zu sehen. Zweite Antwort: Da sich die Stadt Wan an der Grenze zu Iran befindet, kann es sein, dass sie dadurch beeinflusst wurde.. :))
    Liebe Grüsse aus Darmstadt..

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